"Abend der Zeugen" in St. Peter

Dom in blutroter Farbe

REGENSBURG (pdr/sm) – „Heute ist der Dom für uns ungewohnt in rotes Licht getaucht. Dies steht für nichts weniger als Blut“, begann Bischof Rudolf Voderholzer seinen Impuls beim „Abend der Zeugen“ am vergangenen Samstag im Regensburger Dom. Die Feier wurde vom katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“ veranstaltet im Rahmen des „Red Wednesday“ aus Solidarität mit allen verfolgten und diskriminierten Christen weltweit. Unter anderem berichtete der irakische Priester Nashwan Cosa über seine Erfahrungen mit dem Terror des „Islamischen Staats“ und der politischen Krise in seinem Heimatland.

Gleich zu Beginn seines Impulses dankte Bischof Voderholzer allen ­Initiatoren von „Kirche in Not“, dass sie zu diesem Abend aufgerufen hatten, damit „wir uns sinnenhaft auf das Blutzeugnis so vieler Christen erinnern“. Die Aktion hat für Bischof Rudolf einen dreifachen Sinn. „Erstens ein Aufmerksam-Machen, ein In-Erinnerung-Rufen.“ Immer mehr Christen, aber auch Gläubige anderer Religionsgemeinschaften würden weltweit an der Ausübung ihres Glaubens gehindert. Sie seien Verfolgungen und Unterdrückungen ausgesetzt: „Mit dieser Erinnerung verbinden wir den Protest und die klare Aufforderung an die politisch Verantwortlichen, das Recht auf freie Religionsausübung, das Recht auf Glaubensfreiheit zu re­spektieren und umgehend alle Formen der Unterdrückung und Verfolgung von Menschen allein aufgrund ihres Glaubens zu beenden.“ 

Der zweite Sinn der Aktion von „Kirche in Not“ sei das Zeichen der Solidarität und der Verbundenheit im Glauben: „Es ist eine Brücke des Gebetes, dass wir uns mit unseren verfolgten Schwestern und Brüdern vereinen; gerade auch dort, wo unser Protest und politisches Bemühen vorerst erfolglos bleiben.“ 

Drittens sei es unabdingbar, weiterhin auf die Kraft des Gebetes zu vertrauen, um in schweren Situationen durchzuhalten: „Wir müssen auf die Liebe Christi setzen, von der uns weder Hunger noch Kältegefahr oder Schmerz, weder Verfolgung noch andere Nöte trennen können. Weil Jesus schon alles für uns und mit uns getan hat, weil er uns liebt und uns sein Kreuz zeigt, an dem wir uns festhalten können.“ Christus habe am Kreuz für seine Verfolger gebetet. Auch der heilige Stephanus, der erste Märtyrer, habe dies Jesus gleichgetan. Die Farbe Rot sei auch die Farbe des Feuers und des Heiligen Geistes. „Beten wir für alle, die um ihres Glaubens willen verfolgt werden, dass nicht nur ihr Leid ein Ende findet, sondern dass sie auch innerlich frei werden und alle Unversöhntheit überwinden.“ So werde dem Unrecht der Vergangenheit nicht die Macht gegeben, auch die Zukunft zu bestimmen. 

„Die Kirche im Irak ist eine Mutter für alle“

Der irakische Priester Nashwan Cosa, welcher bereits am Nachmittag Bischof Rudolf getroffen hatte, um über die Situation in seiner Heimat zu berichten, schilderte seine Erfahrungen von Christenverfolgung und Unterdrückung. Seien es persische oder mongolische Herrscher oder die Osmanen: Unter all den Machthabern mussten Christen im Raum des heutigen Iraks Unterdrückung erleiden. Das gehe leider bis in die heutige Zeit so weiter. „Es stimmt, dass es heute keine physische Verfolgung gegen irakische Christen gibt, doch dies ist nur eine Möglichkeit, um den Glauben an einem Ort zu töten.“ Die Verfassung folge allein den Lehren des Islams, was zur Folge habe, dass jeder, der nicht Muslime ist, seine Rechte als Bürger nicht bekommt. „Wir sind einfach Menschen zweiter Klasse“, so der irakische Priester. 

Mehrere zehntausend Familien und besonders viele Mädchen seien seit 2014 vor der Terrororganisation ISIS in die Kirchen vor Ort geflohen. Durch Nahrung, Medizin und Kleidung versuche man ihnen weiterhin zu helfen. „Natürlich haben wir Seelsorge geleistet, aber sie brauchen zuerst körperliche Versorgung.“ 

Eine gute Nachricht hatte Nashwan Cosa aber auch. Die Verantwortung der Kirche liege heute nämlich darin, Frieden durch Bildung zu bringen. „Wir wollen nicht, dass unser Volk im Zustand der Opferschaft bleibt.“ Vier Schulen gebe es in seiner Diözese, in denen man unabhängig vom eigenen Glauben lernen könne. Zudem gebe es noch fünf Kirchen und ein neues Krankenhaus. Außerdem könnten im großen Katechesenhaus über 2000 Kinder spielen und lernen. „Die Kirche im Irak ist eine Mutter für alle, nicht nur für Christen.“ Die Priester würden vielen Leuten bei geistlichen Dingen helfen, aber auch bei der Arbeitssuche und Problemen mit der Polizei. Die Leute kämen immer zuerst in die Kirche bei Schwierigkeiten: „Wir sind die Kirche für alle Not. Das macht mich unheimlich stolz.“

Domdekan Josef Ammer und „Kirche in Not“-Geschäftsführer Florian Ripka gaben auch kurze Denkanstöße und einen ersten Überblick über die weltweit prekäre Lage des Menschenrechts auf Religionsfreiheit und berichteten über aktuelle Bedrohungen für christliche Gemeinschaften auf allen Kontinenten, von Afrika bis Asien. Eindrucksvoll, intensiv und ergreifend musizierten unter der Leitung von Professor Gerwin Eisenhauer Studierende und Dozenten der Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik aus dem Masterstudiengang „Neue Geistliche Musik“. An der Domorgel spielte Antonio Eggert. Der Abend endete mit Stille im blutroten Dom, wo jeder für sich für die verfolgten Brüder und Schwestern beten konnte.

16.11.2022 - Bistum Regensburg